Nach uns die Sintflut

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Nach uns die Sintflut

Klettern in der Pfalz während des Corona-Lockdown

Zwei Monate nachdem die Corona-Kontaktbeschränkungen in Kraft traten und nun immer weiter gelockert werden wollen wir eine Zwischenbilanz ziehen.

Für uns alle sind es ungewöhnliche Zeiten, vor allem als die gewohnten Freiheiten plötzlich signifikant eingeschränkt wurden, um die ungezügelte Verbreitung des Corona-Virus zu verhindern. Hier lag es auch an jedem, sich zurückzunehmen und manche Tätigkeiten temporär einzuschränken, damit die Maßnahmen möglichst schnell wieder zurückgefahren werden können.

Für uns Kletterer bedeutete dies, dass alle Kletter- und Boulderhallen geschlossen wurden. Auch am Fels waren Menschenansammlungen und Gruppenbildung plötzlich ein No-Go um Kontakte zu beschränken. In vielen Gebieten des Landes war es aufgrund von Ausgangsbeschränkungen und/oder der Sperrung von Klettergebieten auch nicht möglich, legal am Fels zu Klettern, obwohl das Wetter in den letzten zwei Monaten top war. An den Besuch von Klettergebieten im Ausland war aufgrund der geschlossenen Grenzen sowieso nicht zu denken. Es sollte auch wirklich jeder mitbekommen haben, dass touristische Reisen in dieser Zeit bei uns im Land ebenfalls nicht angesagt waren. Daheimbleiben hieß die Devise, wie sie allerorts ausgegeben wurde (siehe auch der Aufruf vom DAV).

Auswirkungen in der Pfalz

Und wie wirkte sich dies auf unser Sandsteinklettergebiet in der Südpfalz aus? Die Felsen im Wasgau wurden behördlich nicht fürs Klettern gesperrt, allerdings galten auch am Fels alle verordneten Kontaktbeschränkungen. Deshalb haben wir als PK auch früh im Netz dazu aufgerufen, jegliche Gruppenbildung am Fels zu vermeiden und wenn man denn schon Klettern gehen muss, Ziele anzusteuern, an denen normal wenig los ist. Bei gut 500 Kletterfelsen in der Südpfalz sollte dies auch kein Problem sein.

An dieser Stelle einen großen Dank an alle, die sich dies zu Herzen genommen haben, sich klettertechnisch ein Stück zurückgenommen haben und auch mal Felsen aufsuchten, die sonst nicht auf dem Schirm sind.

Nach den Routendatenbank- und Gipfelbucheinträgen der letzten zwei Monaten war plötzlich an eher „vergessenen“ Felsen, die sonst nur die kleine Fraktion der Sammler und Quackenstecher auf dem Schirm hat, was los. Auch nutzten einige diese Zeit sinnvoll und sanierten Schrott an bislang eher zweitrangigen Fels, damit man dort auch wieder Spaß am Klettern hat und taten damit etwas für die Klettercommunity.

Ausnahmen bestätigen…

Leider gab es aber auch einige Kletterer, die das alles anscheinend nicht sonderlich interessierte und sich nach der Devise „Nach uns die Sintflut“ verhielten. Dass man während der letzten zwei Monate aus touristischen Gründen hier nicht legal übernachten konnte, weil alle Beherbergungsstätten und Campingmöglichkeiten untersagt waren, hat sicher jeder mitbekommen. Dann aber einfach mit dem Wohnmobil oder VW-Bus wild auf den Parkplätzen zu den Felsen übernachten ging halt noch viel weniger, wurde aber leider ziemlich oft gemacht. Wild campen ist hier grundsätzlich verboten, nicht nur während eines Corona-Lockdowns. In normalen Zeiten fällt dies im Allgemeinen nicht sonderlich auf, leider fiel es dieses Mal den Anwohnern und Behörden sehr unangenehm auf und nun darf jeder mal raten, wem die ihr Leid geklagt hatten, damit was unternommen wird. Genau, das ging ans Präsidium der PK.

Wenn dann auch die Parkplätze an den üblichen Modefelsen wie den Geiersteinen oder dem Rindsberg-Westpfeiler rappelvoll mit Autos sind, dann ist es auch mit den Kontaktbeschränkungen nicht weit her und man hatte exakt die die Gruppenbildung am Fels, die eigentlich vermieden werden sollte. Das warf zeitweise ein ziemlich schlechtes Bild auf die Einsicht der Klettercommunity, in diesen Zeiten auch mal etwas kürzer zu treten. Trotz der strengen Maßnahmen ließen es sich manche auch nicht nehmen, Kletterkurse am Fels abzuhalten (was eigentlich gar nicht ging). Wenn z.B. an der nicht sonderlich großen Kisselbachwand vier Topropes nebeneinander bei einem Kurs hingen, dann wurde das mit dem Abstand halten nicht wirklich verstanden oder wollte nicht verstanden werden.

Was vielen Anwohnern auch sauer aufstieß war, dass die Autos von überall her aus dem Land kamen (so viel zum Thema daheimbleiben). Dementsprechend gab es von dieser Seite auch einige Beschwerden bei der PK nach dem Motto: „wir bleiben wegen Corona daheim und die Kletterer kommen von überall her zu uns“. Wenn dann auch noch ansässige PKler, die morgens zuerst am Fels waren, von ortsfremden Kletterern mit dem Spruch „Wieso geht ihr nicht an einen abgelegenen Fels, ihr seid doch von hier und kennt euch aus.“ angemacht werden, dann sorgt das für eine vergiftete Stimmung im Revier. Viele lokale Kletterer fanden den Zustand „Wir Pfälzer bleiben zu Hause und die anderen haben hier ihren Kletterspaß“ unerträglich.

Gerade über Ostern wären auch viele von uns gerne irgendwo anders hingefahren, das ging aber leider nicht.

Besonders Fragwürdiges

Des weiteren fand ein ziemlicher Ansturm auf die Boulderblöcke rund um den Hermersberger Hof statt, besonders auf diejenigen in der Kernzone. Und diese sind eigentlich seid Jahren fürs Bouldern tabu, da man an diese Aufgrund des in der Kernzone herrschenden Wegegebots nicht legal kommt. Auch das sollte mittlerweile jeder wissen. Während des Corona-Lockdowns nahm dies aber so überhand (und die Boulderer kamen teils von weit her), dass sich sowohl der Forst als auch die Untere Naturschutzbehörden über die Zustände dort bei uns beschwerten. Das Bouldern in der Kernzone ist damit jetzt leider im Fokus der Behörden, was auch immer das noch nach sich zieht.

Und noch ein weiterer negativer Punkt, der in den letzten zwei Monaten auffiel: Nur weil eine Corona-Ausnahmesituation herrscht, heißt das nicht, dass man die Felssperrungen zur Vogelbrut ignorieren kann. Die Sperrliste ist für jeden frei im Netz verfügbar um sich vorab zu informieren, aber auch am Fels sind die Sperrungen beschildert. Es gab einige dokumentierte Verstöße und damit erweist man unserem Natursport im Wasgau einen Bärendienst. Der jahrzehntelange und zeitintensive Einsatz für den Vogelschutz der in Zusammenarbeit mit Behörden und Naturschutzverbänden betrieben wird, damit die Sperrungen bei uns vergleichsweise moderat und temporär sind, können durch rücksichtloses Verhalten einzelner Zunichte gemacht werden. Bitte haltet euch unbedingt an die Sperrungen zur Vogelbrut, auch in Ausnahmezeiten, es hilft uns allen den Sport an den geliebten Sandsteinfelsen weiter auszuüben!

Und wer badet es aus?

Das Ganze Verhalten trug dazu bei, dass sich über die Punkte oben etliche beim Präsidium der PK als Interessenvertretung der Kletterer beschwert haben. Das Bild der Klettercommunity hat dadurch in der Öffentlichkeit und den Behörden hier wirklich gelitten aber auch für Missgunst bei den Locals Gebiet gesorgt. Aber außer Aufrufen zur Mäßigung waren uns auch die Hände gebunden, wir sind nicht die Felspolizei. Die Scherben des zerbrochenen Glases dürfen wir Locals nun aufkehren und die Karawane zieht weiter. Danke für nichts!

Wer sich nach dem Lesen diese Textes nun denkt: „Naja, die PKler motzen mal wieder nur rum und übertreiben“, der lese sich noch diese Meldung aus dem Klettergebiet Ettringen durch: Dort ging es wohl auch nicht besser zu.

Nach uns die Sintflut? Oder doch lieber zusammen für eine Zukunft des Klettersports eintreten? Unsere Antwort ist da klar, und das seit Jahrzehnten… .